Neuhof. Wohl dem Verein, der einen Kunstrasenplatz sein Eigen nennen kann. Wenn es denn auch noch einen zweiten Kunstrasenplatz wie bei den „Kirschen“ am Klingenberg gibt, ist der betreffende Verein zweifellos in einer äußerst luxuriösen Lage. Anmerkung: Der zweite Kunstrasenplatz, Ende August 2021 eingeweiht (wir berichteten), ist aufgrund seiner Abmessungen hinsichtlich des Pflichtspielbetriebs nur für Mannschaften bis zur E-Jugend zugelassen.
Kunstrasen bedeutet im Grunde Trainingsmöglichkeiten über das ganze Jahr und weitgehende Unabhängigkeit von Schlechtwetterphasen. Wenn andere Fußballvereine aufgrund von Wetterunbilden ihre (gesperrten) Rasenplätze weder für Trainingseinheiten noch Freundschafts- bzw. Punktspiele nutzen können (um diese nicht dauerhaft zu ramponieren) und statt dessen mit Laufeinheiten im Wald oder Trainingsstunden in der Halle vorlieb nehmen müssen, herrscht am Klingenberg immer Hochstimmung und Sonnenschein in Bezug auf ihre 28 Mannschaften.
Es liegt auf der Hand, dass in harten Wintermonaten mit reichlich Schneefall auch mal das eine oder andere ehrenamtliche Räum-Kommando auf dem Kunstrasen mit Schiebern gefordert war.
Anfang 2015 mit der Vermietung des Platzes gestartet
Mit dem Neubau des Kunstrasenplatzes oberhalb des schmucken Neuhofer Clubhauses im Jahr 2014 (der Vorgängerplatz, erbaut 1989, war abgängig) und der Freigabe (Anfang 2015) zur Vermietung des Kunstrasens in den Wintermonaten herrscht nach den Worten von Kultbetreuer Uwe Kloth, am Klingenberg nur Tati genannt, eine unvermindert rege Nachfrage bei Fremdvereinen nach Terminen für Trainingseinheiten und Spiele, um die Fitness zu erhalten und nicht im harten Konkurrenzkampf der Ligen abgehängt zu werden. Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen habe es allerdings „im Winter ´20/´21 keine Vermietungen gegeben“.
„Die rennen uns von Anfang an die Bude ein“, weiß Tati zu berichten. „Dabei können wir bei Weitem nicht alle Bitten erfüllen.“ In den vergangenen Wochen, nicht zuletzt aufgrund der Dauer-Regen-Monate Januar und Februar und extrem tiefer und aufgeweichter Rasenplätze andernorts, fanden nicht selten am Samstag und Sonntag über den Tag verteilt jeweils 3 Spiele statt. „In der Woche sind wir komplett durch eigene Mannschaften ausgebucht, da gibt es keine Vermietungen“, klärt er auf.
„Das geht Schlag auf Schlag“, so der 63-Jährige, der diese starke Nachfrage als „Mädchen für alles“ insbesondere auch organisatorisch zu bewältigen hat und bisweilen nach eigenem Bekunden „ganz schön unter Dampf steht“. Offiziell fungiert er zwar nur als „Ansprechpartner und Kontaktperson“ - verschweigt dabei aber, dass immer mal wieder kleine Probleme auftreten können, wenn beispielsweise ein Ersatztrikot-Satz von den „Kirschen“ für einen Fremdverein zur Verfügung gestellt werden muss, die Schiris Handtücher gestellt bekommen oder auch mal kurzfristig ein Loch im Netz geflickt werden muss. Und dann ist Tati halt gefordert und steht seinen Mann.
Selbst Damen-Bundesliga-Team SC Sand fragte am Klingenberg an
In der vergangenen Woche fragte laut Tati gar die Damen-Bundesliga-Mannschaft des SC Sand (Baden-Württemberg) nach einem freien Zeitfenster für den 1. März an. „Musste ich aber leider ablehnen, wie so oft.“
Auch Mannschaften aus der Landesliga - kürzlich kickten Pattensen und Eldagsen und die Bezirksligisten Hasede und Ambergau-Volkersheim gegeneinander - finden am Klingenberg eine ideale, weil wetterunabhängige Spielstätte mit Flutlichtanlage vor.
Bis zum Neubau eines eigenen Kunstrasenplatzes im Sommer 2021 (zusammen mit Eintracht Hildesheim) mietete sich gar der Regionalligist VfV 06 Hildesheim öfter bei den „Kirschen“ ein. Ein „bisschen stolz“ sei der Verein auf diese Tatsache schon, gesteht Kultbetreuer Kloth, zumal sonst neben dem Kunstrasen des VfV 06 keine weitere entsprechende Spielstätte im Kreis Hildesheim existiert.
Dass die Vermietung des Kunstrasenplatzes an die anderen Vereine auch noch den einen und anderen Euro in die Vereinskasse spült, ist sicherlich ein erfreulicher und nicht ganz unwesentlicher Nebeneffekt. Tati: „Wir müssen nur aufpassen, dass wir uns nicht selbst blockieren und auch unseren eigenen Teams noch genügend Belegungszeiten einräumen können. Aber das haben wir natürlich im Griff.“ Am 13. März endet laut Tati die Vermietungsperiode.
Torsten Becker
Teaser-Foto: Die Kunstrasen-Vermietung startete im Januar 2015.
Bildergalerie: In den Wintermonaten mussten des Öfteren Schnee-Räumkommandos anrücken.
Fotos: Neuhof-Archiv und Gerd Peisker