„Wir geben dem Verein ein Gesicht“ (13)

„Wir geben dem Verein ein Gesicht“ (13)

Portrait-Serie 2 13.09.2022

Ginel Jakob Köhler: „Sonnenschein“ mit viel Feingefühl

Neuhof. Zugegeben: Der erste Eindruck von einem Menschen wird nicht alles von der betreffenden Person offenbaren können. Dafür bedarf es sicherlich eines Prozesses des genaueren Kennenlernens. Und doch: Manchen Menschen scheint es in die Wiege gelegt zu sein, dass sie von vornherein mit einem hohen Sympathie-Wert ausgestattet sind und mit diesem „genetischen Plus“ ihren Mitmenschen gegenübertreten und sie sehr schnell für sich gewinnen können. Ginel Jakob Köhler fällt ganz sicherlich unter diese Spezies der originären Sympathieträger. Und das liegt nicht zuletzt an seinem überaus gewinnenden Lächeln.

„Unglaublich guten Zugang zu den Jugendlichen“

Als der Autor den „Kirschen“-Jugendabteilungsleiter „Grütze“ befragte, was ihm ganz spontan zu Ginel einfallen würde, antwortete dieser kurz und knapp „Sonnenschein“. Auf Nachfrage, was er denn damit meine, sagte Grütze: „Der ist immer gut drauf und hat einen unglaublich guten Zugang zu den Jugendlichen. Ginel spricht deren Sprache und erreicht sie alle. Ich schaffe das so nicht.“

Nun denn, dann schauen wir uns doch mal gemeinsam die Vita von Ginel an: 

Geboren wurde Ginel am 2. Mai 2002 in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Wobei das mit dem Geburtsjahr, wie Ginel freimütig einräumt, „gar nicht so safe“ sei. „Das Datum ist möglicherweise falsch. Auf Haiti wird das nun mal nicht so penibel dokumentiert wie in Deutschland.“ Seine leibliche Mutter sei Analphabetin gewesen und so gebe es zu seinem Geburtsjahr vermutlich „gewisse Unsicherheiten“. Die ärztliche Seite hier in Deutschland gehe „eher vom Geburtsjahr 2003“ aus.

Von Sarstedter Ehepaar im Jahr 2005 zusammen mit seinem Bruder adoptiert

Sei`s drum. Fest steht: Ginel, der zusammen mit seinem älteren Bruder Michelet Benedikt in einem Kinderheim auf Haiti aufwuchs, wurde zur Adoption freigegeben und fand glücklicherweise - zusammen mit Michelet - in seinen deutschen Adoptiveltern Ute und Volker Köhler aus Sarstedt zwei herzensgute Menschen. In Deutschland ging es dann weiter mit der Kita und dem Besuch der Grundschule in Sarstedt. Es folgte der Wechsel aufs Gymnasium, die Marienschule in Hildesheim, wo Ginel in diesem Jahr sein Abitur ablegte.

Seine fußballerische Laufbahn begann indes nicht, wie man meinen könnte, bei den „Kirschen“ am Klingenberg, sondern bei der JSG 02 Giesen. Es folgten weitere Stationen bei der Spielgemeinschaft Achtum/Einum/Bavenstedt und bei Eintracht Braunschweig, wo Ginel auch diverse Male mittrainierte und auch einige Spiele bestritt. In Braunschweig gefiel es dem Fußballer allerdings nicht. „Da zählte ganz brutal nur das Leistungsprinzip. Auf ein kameradschaftliches Miteinander wurde dort leider nicht geschaut.“

Mit neun weiteren guten Fußballern zum Neuhofer Klingenberg gewechselt

Diese Kameradschaft, diesen so wertvollen Zusammenhalt fand Ginel dann aber in Neuhof bei den „Kirschen“, zu denen er im Jahr 2020 wechselte. Dabei kam ihm zugute, dass er zuvor „sehr hoch gespielt“ hatte, nämlich mit der AEB in der Niedersachsenliga. „Die ersten Spiele in der Kreisliga hier bei den Neuhofern haben wir alle sehr hoch gewonnen“, berichtet Ginel. Zudem profitierten die „Kirschen“ auch davon, dass Ginel neun weitere gute Fußballer mit an den Klingenberg zog. „Das hat dann in der A-Jugend für einen enormen Leistungsaufschwung gesorgt“, freut er sich noch heute.

Momentan kickt der durchtrainierte junge Mann in der I. Herren-Mannschaft der Blau-Weißen, ist sich aber für eine „Aushilfe“ in der Reserve der „Kirschen“ nicht zu schade. Ginel: „Für mich ist allemal wichtig, dass ich Spielpraxis bekomme, wenn ich doch bei der Ersten zurzeit vornehmlich auf der Bank sitze.“

Weitere Hobbys? „Ja, früher habe ich mich mal für rund 2 Jahre im Kickboxen ausprobiert und in der Leichtathletik war ich auch recht gut und erfolgreich. Ich bin ziemlich schnell.“ Ferner outet sich Ginel, dass er „sehr gerne auch kocht und backt“ und ihm sein Freundeskreis sehr wichtig sei.

Als FSJler und Trainer nachmittags bei den „Kirschen“ im Einsatz

Der sympathische Fußballer macht allerdings auch deutlich, dass für ihn eine „fundierte und qualifizierte Ausbildung über allem  steht“. So ist Ginel seit dem 1. September dieses Jahres bei den „Kirschen“ nachmittags im Rahmen eines sogenannten Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) als Trainer aktiv – und zwar für die G-Jugend, F-Jugend, E- und C-Jugend der Blau-Weißen. Vormittags wird Ginel als FSJler in einer Grundschule eingesetzt.

Was sieht Ginel für sich als realistische berufliche Perspektive? „Ich würde schon sehr gerne später im Bereich Wirtschaftsmanagement bzw. Wirtschaftspsychologie tätig sein.“

„Bin wohl auch eine Vertrauensperson und ein Ansprechpartner“

Wie würde er seine Charaktereigenschaften beschreiben? „Ich denke, dass ich ein sehr offener, kontaktfreudiger und kommunikativer Mensch bin.“ Ferner rechnet Ginel „Einfühlsamkeit und einen ausgeprägten Teamspirit“ zu seinen Stärken. „Ach ja, und als Vertrauensperson und Ansprechpartner mache ich mich, so glaube ich, auch ganz gut.“

Was kann er an seinen Mitmenschen nicht leiden? „Vorurteile mag ich gar nicht und wenn mich Leute, die irgendetwas an mir auszusetzen haben, einfach nicht ansprechen. Ich bin nun mal für Offenheit, das ist einfach ehrlicher!“

Hat er aufgrund seiner dunklen Hautfarbe schon einmal Rassismus erlebt? "Ja, aber glücklicherweise nur im kleinen Rahmen.“ Von extremen Fällen, etwa körperlichen Übergriffen, kann Ginel nicht berichten. Anders habe es bedauerlicherweise schon mehrmals bei seinem älteren Bruder ausgesehen.

Marco Reus als fußballerisches Vorbild

Hast du einen Lieblingsverein in der Bundesliga? „Ganz klar Borussia Dortmund!“

Gibt es auch einen Lieblingsspieler? Auch da braucht Ginel nicht lange zu überlegen. „Marco Reus. Der imponiert mir schon seit vielen Jahren durch seiner Persönlichkeit, Vereinstreue, technischen Fähigkeiten und seine Leader-Funktion als Kapitän.“

Was für eine Liebesbekundung...

Wohin würdest du gerne einmal verreisen? Antwort: „Haiti und Hawaii.“

Ginel, du hast einen Wunsch frei - welcher wäre das? „Ich würde mir schon wünschen, dass ich irgendwann einmal eine glückliche Familie mit zwei Kindern gründen und mit ausreichendem finanziellen Potenzial die Zukunft meiner Familie sichern kann."                                       

                                                                                                                                   Torsten Becker 

 

Titelfoto: Bei den "Kirschen" am Klingenberg fühlt sich Ginel pudelwohl.
Bildergalerie: In Dreier-Funktion aktiv - Spieler, Trainer und FSJler

Fotos: Torsten Becker

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